Hygienische Zustände

Wenn der Wind aus der Richtung der Kadaveranstalt am Johann-Justus-Weg wehte, durfte keine Wäsche rausgehängt werden!

In Lüschens Garten

In der Siedlung gab es bis 1977 keine Kanalisation. Einige Hauseigentümer bauten ab 1960 eigene Kläranlagen. Wie im Bauplan von Haus Nr. 34 zu sehen ist, gab es ursprünglich keine Badezimmer. Die Toiletten befanden sich als sogenannte „Plumsklosetts“ im angebauten Stall. Eine Abfuhr der Fäkalien gab es nicht, sie dienten im Garten als Dünger zusammen mit den Fäkalien der gehaltenen Tiere.

Noch 1980 befanden sich zwischen allen Häusern Gräben zur Entwässerung des Regenwassers in die Bäke. Diese Gräben wurden vorher auch zur Entsorgung des Brauchwassers vom Waschen und aus der Küche benutzt.
(aus Berichten der Zeitzeugen Peter Bruns und Helmut Bruns)

Am 19. Mai 1967 schreibt ein Anwohner an die Haaren-Wasseracht, dass ihm ständig Unrecht geschehe. Er habe sein Gartenland von 300 qm „am Brunsbrok, Richtung Ellernbrok“. Er muss „seit Jahren“ mitansehen, wie der Graben an der Straße und sein Gartenland verunreinigt werden. Täglich würden sieben bis acht Eimer Urin und Seifenlauge in seinen Graben gekippt, so dass die Hecke eingegangen sei, und außerdem würde es erbärmlich stinken und Krankheiten verursachen. Das sei auf Veranlassung von Frau R. geschehen, die ihre Mieter dazu anhalten würde, das Abwasser in seinen Graben zu gießen. Frau R. habe ihre eigene Toilettengrube und ihren eigenen Gartengraben. Da sie Gartenland verkauft habe, hätte sie genug Geld, um für ihre Mieter eine Wasserleitung mit Abfluss anzuschaffen, stattdessen mache sie aber teure Reisen, beklagt er sich.
Er glaube nun, dass sie ihn verdrängen wolle, und fordert die Wasseracht dringend auf, für Abhilfe zu sorgen, „notfalls mit Gewalt oder hohen Geldstrafen. Auch Verbotsschilder tun gute Dienste. Überschreitung soll polizeilich bestraft werden.“
Er schreibt mehrere Briefe und Postkarten an die Haaren-Wasseracht, die an die Stadt Oldenburg weitergeleitet werden.
Der Ausgang dieses Konfliktes ist nicht bekannt. Zehn Jahre später wird das Doppelhaus an die städtische Schmutzwasserkanalisation angeschlossen.
Marlies Peters